Narzissmus

Narzissmus: Was sind sie Symptome? Praxisbeispiele von Psychologe Roland Schroll

Opfer narzisstischer Persönlichkeiten fanden in den letzten Wochen und Monaten immer häufiger den Weg in meine Praxis. Sie klagten über ein Gefühl der emotionalen Erschöpfung, des „Ausgebrannt-Seins“ und der Verzweiflung. Zeit also das Phänomen des Narzissmus genauer unter die Lupe zu nehmen.

„Hilfe, mein Partner ist ein Narzisst!“

Ihre Verzweiflung hing mit bestimmten Personen in ihrem Umfeld zusammen, meist mit dem Partner / der Partnerin oder einem Elternteil (oder gar beiden Eltern).

Ihr Leid formulieren sie meist folgendermaßen: „Ich gebe so viel um unsere Beziehung zu verbessern / zu retten. Manchmal habe ich das Gefühl, dass wir uns auf etwas einigen können und wir wieder an einem Strang ziehen. Und dann, in nächsten Moment, ist wieder alles nichtig und ich bin wieder am Boden und der andere tun und macht was er will.“

„Doch jetzt kann ich nicht mehr. Das geht bereits über viele Jahre. Ich kann nicht verstehen, warum der andere es nicht versteht. Liegt es an mir? Kommuniziere ich falsch? Es tut mir so weh im Herzen. Eigentlich ist der andere ja ein guter Mensch, aber er tut mir so weh und ich kann nicht verstehen warum…“

Wie erkenne ich narzisstische Züge?

In unserer gemeinsamen Arbeit explorieren wir diese problematische Beziehung genauer. Welche Mechanismen spielen hier eine Rolle? Welche Strategien werden von den Beteiligten angewandt um die eigenen Wünsche und Bedürfnisse zu erfüllen?

Unter normalen Umständen verbinden wir uns Menschen empathisch miteinander um die gegenseitigen Bedürfnisse wahrzunehmen. Darauf aufbauend entwickeln wir Ideen, wie die Bedürfnisse beider Seiten erfüllt werden können.

Menschen mit offenen Herzen fällt es also leicht solche Win-Win-Lösungen zu finden und sie in die Tat umzusetzen. Was solche hoch empathischen Personen (HEPs) auszeichnet kannst du in meinem Beitrag: „Empathie – Die 6 Merkmale von hochempathischen Menschen“ nachlesen.

Hier allerdings beschäftigen wir uns nun mit dem absoluten Gegenteil. Als Narzissten werden im Allgemeinen jene Menschen definiert, die sich selbst als etwas Großartiges empfinden, ein großes Bedürfnis nach Bewunderung und einen Mangel an Einfühlungsvermögen an den Tag legen.

Egoismus und Machiavellismus: Zwei Formen des Narzissmus

Natürlich kann sich die genaue Ausformung einer narzisstischen Persönlichkeit von Person zu Person etwas unterscheiden. So stellt sich bei Egoisten die Erfüllung der eigenen Bedürfnisse und Wünsche als eine absolute Priorität dar. Sie sind selten bereit Kompromisse einzugehen und sehen sich häufig im Nachteil.

Machiavellisten können sich im Gegensatz zu den Narzissten sehr wohl in das Gegenüber einfühlen, nutzen aber diese Fähigkeit für die eigenen Zwecke aus. In einer ausgeprägten Form ist es solchen Personen möglich, ganze Gruppen zu manipulieren um Ziele zu erreichen, die ihr allein zu Gute kommen und anderen gar schaden können. Sich aus den Fängen solcher Menschen zu befreien kann eine sehr große Herausforderung sein.

Manipulationen, Täuschungen und Unaufrichtigkeiten aufzudecken ist eines der ersten Ziele in unseren Sitzungen. Meine Klientinnen und Klienten sollen verstehen, warum sie sich so fühlen wie sie sich fühlen, wenn sie mit jenen Menschen interagieren.

Eltern beispielsweise haben häufig ihr (a)soziales Verhalten von ihren Eltern übernommen. Sie kennen es nicht anders. Immer war es (beispielsweise) so, dass der Vater bestimmte was zu tun war und die anderen Familienmitglieder all ihre Kräfte aufbringen mussten, um die Wünsche des Vaters zu erfüllen.

Wir dürfen nie vergessen: Kinder lieben ihre Eltern, egal wie grausam sie zu ihnen sind. Wenn bereits in frühen Jahren Manipulationen, Erpressungen oder gar Missbrauch stattfanden, braucht es die Intervention eines Erwachsenen, dem sie vertrauen, um sich gegen die Abhängigkeit der Eltern und für ein autonomes Selbst zu entscheiden.

Das mag nun alles etwas theoretisch klingen. Eine solche Intervention kann sich jedoch auf eine ganz natürliche Art und Weise über eine gut geführte Inneren Kind Arbeit vollziehen. Wenn dich diese Arbeit interessiert, kannst du hier einiges dazu nachlesen.

Lösen wir uns nicht aus dieser Abhängigkeit, werden wir diese Muster ebenfalls an unsere Kinder weitergeben. Somit ist es nicht selten, dass sich diese zerstörerischen Mechanismen über viele Generationen hinweg fortsetzen.

Der Narzissmus-Falle in einer Beziehung entkommen: Ein Praxisbeispiel

Wie bereits erwähnt sitzen die Probleme häufig tiefer. Ein Beispiel aus meiner Praxis: Person A leidet weil sie herausfand, dass Person B fremdgeht. Person B leugnet dies. Im Laufe der Zeit wird jedoch immer klarer, dass Person B nicht nur einmal fremd gegangen ist sondern viele Male und dies auch noch äußerst trickreich verheimlichen konnte.

Ich arbeitete mit Person A daran, WARUM sie sich eine solche Person zum Partner ausgewählt hat. Traumata in der Kindheit – Missbrauch durch den Vater – waren der Grund. Wir lösten die Traumata über die Innere Kind Arbeit und Person A gewann an Kraft und Durchsetzungsvermögen.

Eines Tages kam auch Person B in meine Praxis. Person A war stärker geworden und hatte ihr wohl die Pistole auf die Brust gesetzt ganz nach dem Motto: „Wenn du dich nicht änderst, ist es aus.“ Person B zeigte in meiner Praxis allerdings keinerlei (Krankheits-)Einsichten geschweige denn Reue für das, was sie Person A angetan hat. In solchen Fällen sind mir die Hände gebunden. Wir hatten also ein nettes Schwätzchen und Person B verließ meine Praxis so wie sie gekommen war.

In diesem Fall war klar, dass Person A nur noch ein Weg blieb: Die Trennung.

Trennung mag erst schmerzhaft sein. Es kann sich anfühlen, als würden wir unseren Vater oder unsere Mutter verlieren (und das Innere Kind fühlt auch genau so). Person A war aber durch unsere vorhergegangenen Sitzungen gestärkt und fähig diesen Schritt zu gehen. Ich bin mir sicher, auf lange Sicht wird sie feststellen, das dies der Schritt in ein neues Leben war.

Täter und Opfer von Narzissmus – Eine Spirale über viele Leben hinweg?

Ein weiterer Grund, warum wir Opfer eines Narzissten oder einer Narzisstin werden, kann in unserer karmischen Geschichte begründet sein. Entweder waren wir bereits in früheren Leben viele Male Opfer und Werkzeuge machthungriger Menschen und kennen es daher nicht anders. Oder wir wechselten selber immer wieder mal die Rollen. Mal waren wir Opfer, dann wieder Täter und sind nun wieder gefangen in der Opferrolle.

Die Reinkarnationtherapie kann klären, wie es dazu kam, dass wir uns ausgerechnet diese Eltern oder ausgerechnet diesen Partner ausgesucht haben. Nicht selten kommt es vor, dass wir in einem früheren Leben jenen Personen wiederbegegnen, die heute unsere Peiniger sind. Vielleicht waren es damals wir, die ihnen Unrecht getan haben?

Wie auch immer der karmische Hintergrund beschaffen sein mag, es geht darum zu klären, was noch nicht geklärt wurde und sich voll und ganz bewusst zu werden, welch destruktive Folgen ein solches Verhalten nach sich ziehen kann. Einfach zu erkennen wie alt und fesselnd solche Dynamiken sind (sie können uns über viele Leben hinweg begleiten) kann schon eine befreiende Wirkung haben.

Sind wir uns der Mechanismen des Narzissmus bewusst, können wir unser Schicksal ändern. Wir besitzen nun die nötige Willenskraft um aus dem (ur-)alten Programm auszusteigen und endgültig Frieden zu schließen. Wir sind es uns wert. Wir können uns nun frei dazu entscheiden in unserer vollen Kraft zu stehen.

Können wir Narzissmus heilen?

Wie bereits in dem Praxisbeispiel angedeutet kann keine Heilung, kann keinerlei Wandel geschehen, wenn es keine Krankheitseinsicht gibt.

Die Problemwahrnehmung ist die Grundlage eines jeglichen Transformationsprozesses. Und genau hier ist das Problem. Ein Narzisst hält sich für perfekt und genau richtig. Es geht im ja gut, wenn er seine Interessen durchsetzt und sein Umfeld manipuliert.

Deshalb zählt die klassische Psychotherapie Persönlichkeitsstörungen (zu denen auch der Narzissmus zählt) zu den kaum heilbaren Störungen.

Doch Hoffnung gibt es immer. So scheint es mir wichtig dafür zu sorgen, dass das soziale Umfeld die Spielchen eines Narzissten nicht mehr mitspielt. Erst dann merkt der Narzisst, dass etwas nicht stimmt. Er beginnt zu leiden und somit hoffentlich auch sich zu hinterfragen.

Deshalb läuft es in vielen Sitzungen darauf hinaus, dass wir uns aus der Opferrolle heraus begeben und uns aus der Bindung zu dem Erkrankten lösen. Das ist wie gesagt nicht einfach und kann schmerzvoll sein.

Ich ermuntere meine KlientInnen gerne mit dem Hinweis, dass dies auch das Beste für den Narzissten ist. Denn nur so kann ihm die Gelegenheit gegeben werden wahrzunehmen, dass etwas nicht stimmt und er kann zu einer Einsicht kommen.

Wenn dann auch noch der Leidensdruck aufgrund der ausbleibenden Bewunderung hinzukommt, kann dies ein Ansporn sein, sich Hilfe zu suchen.

Fazit

Es ist nicht einfach aus der Narzissmus-Falle zu entkommen. Wichtig ist, das wir uns der manipulativen Vorgänge in der Beziehung bewusst werden. Dies gelingt am Besten indem wir erforschen WARUM wir in dieser Beziehung feststecken?

Die Frage nach dem WARUM führt uns meist in die eigene Kindheit oder gar in frühere Leben. Wenn wir die Traumata und karmischen Verstrickungen aus der Vergangenheit lösen, fällt die „kranke“ Beziehung meist wie von selbst von uns ab und wir sind endlich frei zu sein, wer wir eigentlich sein sollten.

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