Symptome von emotionalem und sexuellem Missbrauch in der Kindheit und Wege zur Heilung
„PUHH!“ meinte kürzich eine neue Klientin, „ich saß da in der Selbsthilfegruppe und berichtete von dem Ereigniss mit einem Opa und 80% der Teilnehmerinnen meinten daraufin, dass sie ebenfalls Missbrauchserfahrungen in der Kindheit gemacht hätten. SO VIELE??!!“
Als Therapeut erlebe ich in meiner Praxis Ähnliches. Manche haben keine Ahnung was der Grund für ihre Depressionen oder Ängste sein könnte, doch der Großteil weiß es sehr wohl.
Da ich als Rückführungstherapeut mit den KlientInnen genau da hin zurückreise, wo das Problem entstand, stoßen wir nicht selten auf Überraschungen. Und manche tun sich recht schwer zu glauben was sie da sehen…
Dieser Artikel will vor allem eines nicht: Angst machen vor dem Unbekannten. Was auch immer in den dunklen Momenten unserer Kindheit geschah. Es hat Auswirkungen auf unser heutiges Leben.
Wenn wir es weiter im Dunklen belassen, wir es uns einschränken, niederdrücken, wenn nicht sogar steuern.
Wenn wir es jedoch wagen Licht in die Vergangenheit zu bringen, können wir die Auswirkung dieser Vergangenheit auf unser heutiges Leben ändern und emotionale Wunden und körperliche Symptome heilen.
Denn eines steht fest: Emotionale und sexuelle Missbrauchserfahrungen in der Kindheit sind extrem belastend und können das Leben eines Menschen langfristig beeinflussen.
Auch wenn bei mir manchmal KlientInnen sitzen und mit steifer Miene behaupten, der Missbrauch habe keinerlei Auswirungen auf ihr Leben – ich bin da zuminsdest sehr skeptisch.
Ich werde in diesem Artikel darauf eingehen, welche die häufigsten Symptome emotionalen und sexuellen Missbrauchs sind, wie sie sich zeigen und wie du Heilung und Unterstützung finden kannst.
Inhalt
Was ist emotionaler Missbrauch und warum bleibt er oft unentdeckt?
Emotionale Misshandlung umfasst Handlungen, die das Selbstwertgefühl eines Kindes untergraben, wie z.B. Abwertungen, Manipulationen oder gezieltes Ignorieren.
Ein narzisstischer Vater, eine depressive oder schizophrene Mutter – all das sind Umstände unter denen ein Kind fast zwangsläufig Missbrauchserfahrungen macht.
Wir sind früh auf uns allein gestellt, übernehmen Aufgaben, die sonst nur Erwachsenen zukommen (Abwasch, auf die Geschwister aufpassen ect..) und lassen unsere Kindheit allzufrüh hinter uns.
Dieser Prozess wird in der Psycholpogie gerne als „Parentifizierung“ bezeichnet. Die Kinder übernehmen die Aufgaben der Eltern, weil diese dazu nicht mehr fähig sind.
Narzisstische Elternteile können ihre Kinder für die eigenen (Macht-)Bedürfnisse missbrauchen. Sie halten sie bewusst in Abhängigkeiten oder stetzen sie unsicheren Situationen oder gar einer Isolation aus.
Unsere Kindheit sollte eine Welt der Geborgenheit und Liebe sein. Das ist unser seelisches Grundrecht. Als Erwachsene können wir dieses Grundrecht wieder einfordern. Wir sind die Anwälte unserer Inneren Kinder!
Anders als körperlicher Missbrauch hinterlässt emotionaler Missbrauch keine sichtbaren Spuren, was es für die Betroffenen oft schwieriger macht, die Erfahrung zu erkennen oder zu benennen.
Was ist sexueller Missbrauch und wie wirkt er sich aus?
Sexueller Missbrauch ist jegliche sexuelle Handlung an einem Kind. Punkt.
Solange ein Kind Kind ist – ohne eigene sexuelle Bedürfnisse – hat kein Erwachsener mit seinen sexuellen Bedürfnissen bei einem Kind etwas zu suchen.
Auch wenn in der Grauzone der Pädophilen-Szene versucht wird, diese Definition aufzuweichen – hier ist eine glasklare rote Linie und wenn die einmal überschritten wird, dann führt der weitere Weg geradewegs ins Dunkel.
Es gehört zu meinem täglich Brot, Opfern den Weg aus diesem Dunkel zu zeigen. Diese Aufgabe bereitet mir große Freude.
In all den Jahren haben noch nie Täter den Weg in meine Praxis gefunden. Warum das so ist, weiß ich nicht. Vielleicht vermuten sie (zu Recht), dass ich kein Erbarmen mit ihnen haben würde.
Denn was geschieht mit den Opfern? Der Missbrauch bricht das Vertrauen und die Sicherheit, die ein Kind in Bezug auf seinen eigenen Körper und seine Umgebung entwickeln sollte.
Sexueller Missbrauch hat besonders tiefe Auswirkungen auf das Selbstbild, die Bindungsfähigkeit und das Gefühl der persönlichen Sicherheit.
Kurz: Die eigene Sexualität wird zerstört, das Grundvertrauen wird zerstört und Bindungsängste begleiten uns ein Leben lang.
Podcast – Heilung in der Tiefe
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Symptome von emotionalem Missbrauch in der Kindheit
Die folgende Liste ließe sich fast beliebig erweitern. Ich werde hier nur die häufigsten Symptome aufführen, die mit emotionalem Missbrauch in Verbindung gebracht werden können:
Geringes Selbstwertgefühl
Viele Betroffene entwickeln ein negatives Selbstbild. Emotionale Misshandlungen wie ständige Kritik, Herabsetzungen oder Liebesentzug führen dazu, dass das Kind sich minderwertig und unerwünscht fühlt.
Sie stellen sich gerne hinten an, geben sich unterwürfig, ignorieren ihre eigene Bedürfnisse und geben anderen stets den Vorzug.
Schwierigkeiten mit Beziehungen und Vertrauen
Wer in der Kindheit emotionalen Missbrauch erlebt hat, tut sich oft schwer, Vertrauen in zwischenmenschliche Beziehungen zu entwickeln. Diese Schwierigkeiten können bis ins Erwachsenenalter bestehen und zu Beziehungsproblemen führen.
Perfektionismus und Leistungsdruck
Ein weiteres Symptom emotionaler Misshandlung ist die Tendenz, sich selbst hohen Erwartungen zu unterwerfen. Betroffene setzen sich oft unter massiven Druck, da sie gelernt haben, dass ihre Selbstachtung an Leistung und Perfektion gebunden ist.
Angstzustände und Depression
Emotionale Vernachlässigung und Misshandlung fördern die Entwicklung von Ängsten und Depressionen. Menschen mit einer solchen Vergangenheit haben oft das Gefühl, den Erwartungen nie gerecht werden zu können, was zu einer intensiven inneren Unruhe führen kann.
Glaubenssätze wie „Ich bin nicht gut genug“ oder „Ich bin es nicht wert geliebt zu werden“ können zusätzlich Öl ins Feuer gießen.
Symptome von sexuellem Missbrauch in der Kindheit
Die Symptome sexuellen Missbrauchs und emotionalen Missbrauchs lassen sich nicht klar voneinander trennen. Oft überschneiden sich beide Bereiche.
Dennoch gibt es einige Merkmale, die eher mit körperlicher als mit sexueller Misshandlung in Verbindung gebracht werden.
Rückzug und Isolation
Betroffene Kinder neigen dazu, sich von anderen Menschen zu isolieren, insbesondere wenn sie das Vertrauen in Erwachsene und Gleichaltrige verloren haben.
Körperliche Beschwerden ohne klare Ursache
Sexueller Missbrauch kann psychosomatische Beschwerden wie Bauchschmerzen oder Kopfschmerzen hervorrufen, die auf keine klare körperliche Ursache zurückzuführen sind. Der Körper reagiert auf das emotionale Trauma und verarbeitet die Erlebnisse auf somatischer Ebene.
Übermäßig sexualisiertes Verhalten
Kinder, die sexuellen Missbrauch erfahren haben, zeigen manchmal ein unangemessenes Wissen oder Verhalten bezüglich Sexualität. Dies kann ein Hinweis darauf sein, dass das Kind mit Themen konfrontiert wurde, die seinem Alter und Entwicklungsstand nicht entsprechen.
Probleme mit Selbstwert und Körperbild
Sexueller Missbrauch hinterlässt oft tiefe Spuren im Selbstwertgefühl. Das Kind kann sich für den Missbrauch verantwortlich fühlen oder ein negatives Körperbild entwickeln, das sich bis ins Jugend- und Erwachsenenalter fortsetzt.
Es ist auch nicht ungewöhnlich, dass der Täter dem Kind „Anweisungen“ gibt. Er sagt ihm, es dürfe auf keinen Fall darüber sprechen, sonst passiere etwas Schreckliches. Oder er sagt ihm sogar, dass es selbst schuld ist, dass das jetzt passiert.
Das traumatisierte Kind befolgt diese Anweisungen und bleibt dadurch mit seinem schrecklichen Erlebnis allein.
Langfristige Auswirkungen von Kindheitstraumata auf das Erwachsenenleben
Wie bereits erwähnt wirken sich Kindheitstraumata oft bis ins Erwachsenenalter aus und beeinflussen das psychische Wohlbefinden und die Lebensqualität. Zu den Langzeitfolgen gehören:
Körperliche Beschwerden: Chronische Schmerzen, Autoimmunerkrankungen und Schlafprobleme sind häufig bei Betroffenen von Kindheitstrauma.
Bindungsprobleme: Viele Betroffene haben Schwierigkeiten, gesunde und stabile Beziehungen aufzubauen.
Selbstzweifel und Schuldgefühle: Ein tiefes Gefühl von Scham und Schuld kann bestehen bleiben, auch wenn der Missbrauch bereits lange zurückliegt.
Wege zur Heilung – Was können Betroffene tun?
Der allererste Schritt ist, sich überhaupt auf den Weg zu machen. Viel zu lange verharren die Opfer in einer Art Schockstarre. Artikel wie dieser können einen Anstoß geben, der den Wunsch nach Heilung aufkeimen lässt.
Ist man schließlich gewillt eine Veränderung hereibzuführen, stößt man auf das nächste Problem: Es läßst sich kein Psychotherapeut auf Kasse finden. Wer Glück hat, kommt auf die Warteliste. Dann dauert es immernoch ein halbes Jahr, bis man schließlich den ersten Termin bekommt.
Und noch ein Problem besteht: Die von den Kassen übernommenen Heilverfahren sind für manche nicht ausreichend. Viele KlientInnen in meiner Praxis berichten von mehreren Jahren der Gesprächs- und Verhaltenstherapie, die ihnen zwar geholfen haben irgendwie in der Krise klarzukommen aber das Leiden nicht verringern konnten.
Eine wirksame Traumatherapie ist schwer zu finden. Es braucht viel Vertrauen zum Therapeuten (wenn man mal einen gefunden hat) und häufig auch etwas Kleingeld.
Denn freie Termine gibt es häufig nur noch bei privaten Psychotherapeuten und Heilpraktikern. Und die muss man aus eigener Tasche bezahlen.
Ein ziemliches Dilemma also für alle, die ohnehin in der Klemme stecken, kaum Kraft für den Alltag haben und oft knapp bei Kasse sind. Da ist guter Rat teuer!
Ich liste hier ein paar Unterstützungsmöglichkeiten auf, in der Hoffnung, dass dir die eine oder andere weiterhilft.
Psychotherapie und Beratung
Der Beginn einer Psychotherapie ist meist der erste Schritt zur Heilung. Wie oben bereits erläutert ist das aber auch einer der schwierigsten. Welche Vor- und Nachteile eine private Therapie gegenüber einer Kassentherapie besitzt kannst du in diesem Blog-Artikel nachlesen.
Wenn du herausfinden möchtest, ob du sofort mit mir zusammenarbeiten kannst, mach gerne meinen ONLINE CHECK.
Aufbau eines unterstützenden Netzwerks
Eine Vertrauensperson zu haben, mit der man offen über die eigenen Erfahrungen sprechen kann, ist wichtig. Dies kann ein enger Freund, ein Familienmitglied oder eine Selbsthilfegruppe sein.
Achtsamkeit und Selbstfürsorge
Achtsamkeitspraktiken wie Meditation und Yoga fördern die emotionale Heilung, indem sie helfen, im Moment zu bleiben und alte Denkmuster zu durchbrechen.
Aber Achtung: Meditation kann auch kontraproduktiv sein: Vor allem dann, wenn in der Meditation unsere Gedanken weiter um unsere Probleme kreisen. Dann vertiefen wir nur unsere depressive Stimmung.
Selbstwertgefühl stärken
Aktivitäten, die Freude bereiten und das Selbstwertgefühl stärken, sind wichtige Schritte auf dem Weg zur Heilung. Hobbys und kreative Ausdrucksmöglichkeiten, wie Malen oder Schreiben, können helfen, innere Gefühle zu verarbeiten.
Im Notfall
Sollten einmal alle Stricke reißen, ist man gut beraten die Hotline zu wählen – 0800 111 0 111. Oder man machst sich selbst auf den Weg ins Krankenhaus. Weiter Informationen findest du hier.
Unterstützung für Angehörige und Freunde von Betroffenen
Für Menschen, die emotionale und sexuelle Missbrauchsopfer unterstützen möchten, ist Empathie entscheidend. Das Verstehen der Ursachen und Auswirkungen des Traumas ermöglicht eine mitfühlende und geduldige Begleitung, die den Heilungsprozess unterstützen kann.
Geduldiges Zuhören schafft Vertrauen. Vor allem sollte die betroffene Person nicht zu einer Therapie gedrängt werden. Diese ist nur dann erfolgreich, wenn der Betroffene selbst eine Veränderung herbeiführen will.
Fazit
Emotionale und sexuelle Missbrauchserfahrungen in der Kindheit hinterlassen oft tiefere Wunden, als es auf den ersten Blick sichtbar ist.
Symptome wie geringes Selbstwertgefühl, Angstzustände und Schwierigkeiten in Beziehungen begleiten Betroffene oft ein Leben lang.
Doch durch therapeutische Hilfe, Selbstfürsorge und die Unterstützung durch Freunde und Familie können Heilung und ein erfülltes Leben erreicht werden.
Hinweis: Dieser Artikel kann keine 1zu1-Beratung ersetzen. Betroffene sollten sich direkt mit mir oder einer anderen Fachperson in Verbindung setzen.